Wer wir einmal sein.jp - © Stadtkino

„Wer wir einmal sein wollten“: Das Gespenst der Freiheit

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Die leise Charakterstudie des Regisseurs Özgür Anil ist seine Abschlussarbeit für die Filmakademie Wien.

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Die leise Charakterstudie des Regisseurs Özgür Anil ist seine Abschlussarbeit für die Filmakademie Wien.

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Ab welchem Punkt hat man es verabsäumt, seine Träume zu verwirklichen? Im österreichischen Coming-of-Age-Drama „Wer wir einmal sein wollten“ folgen wir Anna (Anna Suk), die ihren eigenen Ansprüchen hinterherhinkt. Als Kind wollte sie Schauspielerin werden, jetzt jobbt sie als Aushilfe ausgerechnet in einer Schauspielschule und versucht gleichzeitig, ihre Matura nachzuholen. Statt selbst auf der Bühne zu stehen, schaut sie anderen beim Proben zu, während ihr Freund Konstantin (Gregor Kohlhofer) kurz davor ist, als Regisseur in München durchzustarten. Anna ist eine Drifterin, die nicht weiß, was sie vom Leben will. Vielleicht Jus studieren. Mal schauen. Als ihr Bruder (Augustin Groz) mit einem blauen Auge bei ihr auftaucht, weil er dubiosen Typen Geld schuldet, gewährt sie ihm Unterschlupf. Damit fangen die Probleme aber erst an.

Özgür Anil ist mit dieser Abschlussarbeit für die Filmakademie Wien eine leise Charakterstudie gelungen, in der Anna Suk als orientierungslose Frau Anfang dreißig überzeugt. Ihr genervtes Gehabe entpuppt sich zunehmend als Maske, die ihre eigene Unsicherheit kaschieren soll. Anstatt aber bloß zu psychologisieren (man erfährt nur andeutungsweise von Annas Familienhintergrund), geht es Anil um die Analyse einer kontingent gewordenen Gesellschaft. Dass Konstantin für die Abschlussklasse im Film ausgerechnet Ibsens „Gespenster“ inszeniert, ist kein Zufall: Es sind die Geister verlorener Illusionen und verpasster Gelegenheiten, die durch Annas Gegenwart spuken. Das atmosphärische Langfilmdebüt kann so idealerweise als melancholische Zustandsbeschreibung einer Generation herhalten, die es verlernt hat, sich auf etwas festzulegen.

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