FURCHE-Digitalchefin Ana Wetherall-Grujić im Film "Juli" - © Foto: Juli / Barbara Kaufmann

"Juli": Frauen erzählen Geschichte(n)

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Im Essayfilm "Juli" versucht Regisseurin Barbara Kaufmann, ein Familiengeheimnis zu lösen. Dabei lässt sie Frauen erzählen und findet mehrere Wahrheiten.

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Im Essayfilm "Juli" versucht Regisseurin Barbara Kaufmann, ein Familiengeheimnis zu lösen. Dabei lässt sie Frauen erzählen und findet mehrere Wahrheiten.

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Was haben Barbara Blaha, Deborah Sengl und Olga Voglauer gemeinsam? Zum einen stehen alle drei Frauen mit ihrer Arbeit im Rampenlicht. Blaha leitet den Think Tank "Momentum", spricht immer wieder über ungleich verteilte Vermögen und Probleme der Arbeiterschaft. Sengl ist eine der bedeutendsten Gegenwartskünstlerinnen Österreichs. Voglauer ist Generalsekretärin der Grünen in Österreich. Doch nicht ihr Leben in der Öffentlichkeit macht sie zu interessanten Darstellerinnen in Barbara Kaufmanns Essayfilm "Juli". Es sind Fäden ihrer Lebensgeschichten, die Kaufmann geschickt verknüpft. Ihr Ziel: das Leben ihrer eigenen Urgroßmutter Juli nachzuweben. Dabei wird schnell deutlich: Wer sagt, dass früher alles besser war, schaut nur nicht so genau hin.

So hatte Kaufmanns Familie ein Geheimnis, das zwei Schwestern nicht mehr miteinander sprechen ließ - obwohl sie in derselben Gegend wohnten. Die Regisseurin geht der Ursache für dieses Auseinanderreißen nach, ohne ihre eigene Familie um Antworten bitten zu können. Denn die meisten Charakter dieser Geschichte sind bereits tot, es gibt keine Tagebücher, kaum Fotos. Kaufmann lässt lebende Frauen mit ähnlichen Erfahrungen wie der ihrer Urgroßmutter sprechen. So erzählt Blaha vom Leben in einer kinderreichen Familie. Sengl berichtet über das Leben mit einer starken Mutter. Voglauer zeichnet nach, wie das Leben als Nachkommin einer Widerstandskämpferin und Bäuerin war.

"Juli" zeigt zeitlose Frauenleben

Dass Kaufmann noch mehr Frauen erzählen lässt - darunter auch die evangelische Pfarrerin Julia Schnizlein, die Autorin Petra Ramsauer und FURCHE-Digitalchefredakteurin Ana Wetherall-Grujić (siehe Bild) - gibt dem Film eine aktuelle Brisanz. Es zeigt sich in jeder Antwort, dass erschreckend viele von Julis Erlebnissen heute noch möglich wären. Dass Kaufmann dabei immer wieder scheinbar idyllische Naturaufnahmen mit minimalistischer Cellomusik unterlegt, verstärkt den Effekt des Erzählten. Unweigerlich kommt die Frage auf: War früher alles besser? Oder sind nur die nicht mehr am Leben, die von den Misstönen der Realität erzählen könnten?

"Juli" gibt keine finalen Antworten, nicht den Zuseherinnen und Zusehern, nicht Kaufmann. Statt einer simplen Geschichte gibt einem der Film viele Fäden in die Hand. Zu viele, um daraus eine Familiengeschichte mit Happy End zu knüpfen. Zu wenige, um ein ganzes Frauenleben zu fassen.

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