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Landwirtschaftliche Revolution in den USA: Wie Technik und Innovation die Farmen prägen.

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Die amerikanische Landwirtschaft hat sich von der Pionierzeit zur modernen Hochleistungsfarm entwickelt. Durch Mechanisierung und innovative Methoden konnte die Produktion trotz sinkender Bevölkerungsbeteiligung enorm gesteigert werden.

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Die amerikanische Landwirtschaft hat sich von der Pionierzeit zur modernen Hochleistungsfarm entwickelt. Durch Mechanisierung und innovative Methoden konnte die Produktion trotz sinkender Bevölkerungsbeteiligung enorm gesteigert werden.

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Die Vereinigten Staaten von Nordamerika sind nach diesem Kriege mehr als jemals zuvor die Hoffnung von Millionen hungernder Menschen auf der ganzen Welt. Wenn man bedenkt, dass die sogenannten Pilgerväter erst im Jahre 1620 an der Küste von Neuengland landeten und die ganze Kolonisierung dieses ungeheuren Kontinents in den letzten 300 Jahren durchgeführt worden ist, vermag man die heutige Situation in ihrer ganzen Bedeutung zu erfassen.

Die Vielfalt und Spezialisierung der amerikanischen Landwirtschaft

Die gewaltige Ausdehnung der USA, sowohl vom Westen nach Osten als auch vom Norden nach Süden, bedingt große Unterschiede im Klima; außerdem wechseln ausgedehnte Ebenen mit Mittel- und Hochgebirgen, und so nimmt es uns nicht wunder, wenn das Land alle Produkte der gemäßigten und viele der subtropischen Zone hervorbringt. Die amerikanische Landwirtschaft ist deshalb von einer solchen Mannigfaltigkeit und landschaftlich bedingten Verschiedenheit, wie wir sie in keinem anderen Staat der Welt finden. Dazu kommt vielfach noch eine für europäische Verhältnisse völlig undenkbare Spezialisierung auf einzelne, eng begrenzte Gebiete — zum Beispiel Zwiebelfarm, Goldfischfarm —, dass es auf den ersten Blick schwierig erscheint, gewisse allgemeine Grundzüge und charakteristische Tendenzen in der Farmwirtschaft der Vereinigten Staaten aufzustellen.

Und doch ist es so, dass sich viele Erscheinungen, die uns Europäern fremd und eigenartig anmuten, auf bestimmte historische Entwicklungen und geopolitische Verhältnisse zurückführen lassen.

Historische Entwicklung und das unabhängige Wesen der US-Farmer

Ein Blick auf die Geschichte des Landes zeigt, warum wir drüben fast keine Bauerndörfer im europäischen Sinne vorfinden: Es waren Individualisten, freiheitsliebende Männer, Abenteurer und zunächst meist Engländer und Nordeuropäer, die als Siedler in die Neue Welt gingen und dort dem Urwald die Farm abgewannen. So ist heute der ganze Kontinent von New York bis Seattle, von Milwaukee bis Houston und San Francisco von Einzelgehöften durchzogen, und das Leben auf einer solchen Farm ist trotz Auto und Radio noch immer von einer gewissen Abgeschiedenheit — aber auch von jener Unabhängigkeit und Selbständigkeit, die ihren Stempel der ganzen amerikanischen Wesenheit aufdrückt.

Da ist im Süden ein Staat von der Größe Deutschlands, Texas, das mit seinen sechs Millionen Einwohnern, seinen ausgedehnten, grasbewachsenen Ebenen und seinem warmen Klima das Land der Viehzüchter und Rancher ist. Und da ist im Norden an der kanadischen Grenze das mitteleuropäisch anmutende Wisconsin, dessen Autoschilder unter der Nummer die Aufschrift tragen: „Wisconsin — America's Dairyland“, „das Land der Milchwirtschaft“.

Technologische Revolution: Die Mechanisierung der amerikanischen Landwirtschaft

Von der Mechanisierung eines modernen amerikanischen Farmkomplexes können wir uns hier im alten Europa trotz dem Fortschritt der letzten Jahre kaum einen Begriff machen. In Wisconsin sahen wir fast auf jeder Farm mindestens einen Traktor, einen Lastkraftwagen und einen Personenkraftwagen. Die durchschnittlich 20 Rassekühe der Farm wurden nur elektrisch und ohne Ausmelken gemolken. Einen Begriff von der in der Geschichte der Menschheit noch nie dagewesenen Mechanisierung der Landwirtschaft mögen ein paar Zahlen vermitteln, die der amerikanische Landwirtschaftsminister Clinton P. Anderson bekanntgegeben hat.

Im Jahre 1940 verfügte die amerikanische Landwirtschaft in einer oder der anderen Form — Traktoren, Elektromotoren, Autos, stationäre Motoren, Windmühlen und dergleichen — über mehr als 174 Millionen Pferdekräfte.

Effizienzsteigerung durch moderne Methoden und Maschinen

So ist es erklärlich, dass die amerikanischen Farmer während des vergangenen Krieges um ein Drittel mehr produzierten als vor dem zweiten Weltkrieg, obwohl sie 5.000.000 Arbeitskräfte, hauptsächlich durch Abwanderung in die Kriegsindustrie, verloren haben.

Ein Beispiel für die Entwicklung der Landmaschinen ist der Traktor. Noch vor dem ersten Weltkrieg war er eine Maschine, die nur als Ersatz für Zugtiere diente, ein qualmendes, stinkendes und schwerfälliges Ungetüm, das man einfach vor die Geräte spannte, die früher von Pferden oder Ochsen gezogen worden waren. In den zwanziger Jahren ging man dazu über, kleinere und beweglichere Modelle zu konstruieren, und heute geht der allgemeine Zug immer mehr dahin, Traktor und Gerät zu einer Einheit zusammenzubauen, mit wenigen Handgriffen eine neue Verwendungsmöglichkeit zu erreichen und durch hydraulische Kontrollen und Lenkung eine einfachere Bedienung zu gewährleisten.

Dieser Artikel ist im Original unter dem Titel "Landwirtschaft in den USA: Fortschritt durch Mechanisierung und Spezialisierung" am 19. Dezember 1946 erschienen.

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