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100 Jahre PEN-Club: Autor*innen der NS-Zeit im Mittelpunkt

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Anlässlich seines hundertsten Geburstags widmet sich die österreichische Schriftstellervereinigung den Schicksalen ihrer Gleichgesinnten zur Zeit des Nationalsozialismus.

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Anlässlich seines hundertsten Geburstags widmet sich die österreichische Schriftstellervereinigung den Schicksalen ihrer Gleichgesinnten zur Zeit des Nationalsozialismus.

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Wer im Buch „Wie sehr sie uns fehlen - PEN-Autor*innen in der NS-Zeit“ blättert und liest, fühlt sich aus unserer Zeit gefallen, aber in keiner anderen gelandet. Er fliegt hin und her zwischen heute und 1938, hin und her zwischen den Jahrzehnten, in denen die von Robert Streibel ausgewählten Texte emigrierter oder ermordeter österreichischer PEN-Autoren entstanden und der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, in der die Österreicher häppchen- und zufallsweise von einer Welt erfuhren, von der die Jüngeren nichts mehr mitbekommen hatten.

Das Buch erschien anlässlich eines Gedenktages, der fast übergangen worden wäre: hundert Jahre PEN-Club in Österreich. Im Fokus steht der Verlust, der Österreich zugefügt wurde. Nicht nur die Vertreibung des Geistes wirkt sich bis heute negativ auf unser Geistes- und Ungeistesleben aus, noch nachhaltiger wirkt weiter, dass er 1945 nicht zurückgeholt und dass seine Rückkehr starken Kräften in diesem Land höchst unwillkommen war und hintertrieben wurde.

Robert Streibel beschwört mit seiner Auswahl der Textbeispiele von 65 Autorinnen und Autoren, mit Kurzbiografien und locker eingestreuten Zeitungszitaten die verlorene Atmosphäre der Zwischenkriegszeit, die hier auch deshalb auf fast gespenstische Weise lebendig wird, weil nicht nur die Geistesriesen zu Wort kommen, sondern weil die ganze Qualitätsskala repräsentiert ist, die das literarische Leben einer Epoche ausmacht.

Ins Grab nachgespuckt

Es läuft einem kalt über den Rücken, wenn man liest, was eine Nazizeitung dem PEN-Autor Rudolf Olden ins nasse Grab nachspuckte: Er war „ein berüchtigter Schreibknecht der jüdisch-freimaurerisch-marxistischen Epoche und hat in Wien und in Berlin mit seiner Feder alles begeifert und bekleckst, was deutsch war.“ Olden war am 18. September 1940 als Passagier eines torpedierten britischen Passagierschiffes auf dem Weg nach Kanada mit seiner Frau und 246 anderen untergegangen. Und es wird einem noch kälter beim Gedanken, wie weit der heute in den asozialen Medien üblich gewordene Ton selbst den der Nazis in den Schatten stellt.

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