Streetwork, Sozialarbeit, Jugendlicher, junger Mann - © M.Schwarz/Canva Magic

Streetworker Christian Reiner: „Wir sind die einzigen Österreicher, die mit den Jugendlichen reden“

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Die Streetworker von „Rettet das Kind Wien“ versuchen gewaltbereite Jugendliche zu erreichen. Im Interview erklärt Geschäftsführer Christian Reiner, warum es heute so einfach ist, junge Menschen zu instrumentalisieren.

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Die Streetworker von „Rettet das Kind Wien“ versuchen gewaltbereite Jugendliche zu erreichen. Im Interview erklärt Geschäftsführer Christian Reiner, warum es heute so einfach ist, junge Menschen zu instrumentalisieren.

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Die Sozialarbeiter:innen von „Rettet das Kind Wien“ sind in Kampfsport-Gyms, Fußballstadien und auf öffentlichen Plätzen unterwegs. Kaum jemand kennt die Wiener Jugendszene so gut wie Geschäftsführer Christian Reiner und sein Team. Er weiß, wann junge Männer für Radikalisierung anfällig sind, und was „Integration“ wirklich bedeutet.

FURCHE: Zwei junge Männer planten mutmaßlich einen Terroranschlag bei einem der Wien-Konzerte von Taylor Swift, die daraufhin abgesagt wurden. Was sagen Sie zu Menschen, die eigentlich weltoffen und tolerant sind, aber gleichzeitig wütend auf die beiden Verdächtigen?

Christian Reiner: Ich habe absolutes Verständnis. Ich verstehe, dass man enttäuscht oder wütend ist. Auf die Wut muss aber die Nüchternheit folgen. Es gibt Menschen, die eigentlich mitten im Leben stehen und dennoch in eine Alkoholsucht abrutschen oder später in die Obdachlosigkeit. Die verletzen dabei hauptsächlich sich selbst, aber der Prozess des Abdriftens ist vergleichbar. Nur weil ich diese Menschen, die der Gesellschaft entgleiten, verstehe, heißt das natürlich nicht, dass ich mit ihrem Verhalten einverstanden bin. Ganz und gar nicht. Aber die Wut bringt uns nicht weiter.

DIE FURCHE: Wie kommt es dazu, dass ein junger Mann, der hier aufgewachsen ist, sich radikalisiert?

Reiner: Diese jungen Menschen sind nicht Teil dieser Gesellschaft, weil sie kaum die Möglichkeit dazu haben. Sie fühlen sich nicht anerkannt, sind frustriert. Wir erleben einen politischen und gesellschaftlichen Diskurs, in dem Rassismus und Diskriminierung an der Tagesordnung stehen – in der Schule, in der Öffentlichkeit, im Beruf, in den Medien. Ist ein junger Mensch nicht gefestigt und hat ein Umfeld, das seine Resilienz bestärkt, dann kippt er leicht weg und gerät in den sozialen Netzwerken unter den falschen Einfluss.

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