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Niederösterreich — Land um Wien

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Was macht Niederösterreich — das Land um Wien — aus? Die Betrachtung eines Insiders.

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Was macht Niederösterreich — das Land um Wien — aus? Die Betrachtung eines Insiders.

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Der Bau von Kraftwerken muß' durchaus nicht zu einem häßlichen Eingriff in die Natur werden. Die NEWAG hat mit ihren Kampkraftwerken ein Beispiel dafür gegeben, wie man technische Werke harmonisch in die Landschaft einbinden kann. Noch mehr der landschaftliche Reiz dieser früher wenig besichtigten Gegend wurde durch die neu entstandene Seelandschaft vervielfältigt. Natur und Technik, geschichtlich Gewachsenes und neu Geschaffenes fügen sich an den Kamptalseen zu einem attraktiven Bild, das heute viele Menschen anzieht, denn es bietet die verschiedensten Möglichkeiten, vom Wassersport bis zu einsamen Wanderungen, von den technisch interessanten Kraftwerksbauten bis zu den trotzigen Burgen und prächtigen Stiften des Kamptales. Früher Truppenübungsplatz Döllers- heim, heute Erholungs- und Ausfiugsgebiet. Um alle Auswüchse eines hektisch wachsenden Massentourismus auszuschalten, wurde das Gebiet unter Naturschutz gestellt. In Zusammenarbeit mit dem Land Niederösterreich wurde Schloß Ottenstein wiederhergestellt. Bei mittelalterlicher Musik kann man hier im Rahmen einer „Castle- Party” ein Mahl in ritterlichem Stil genießen.

Niederösterreich, der Garten um Wien, kann als Erholungs- und Urlaubsland für die verschiedensten Wünsche und Ansprüche gelten. In seinen Landschaftsformen bietet es reiche Abwechslung mit seinen Hochgebirgsgipfein, lieblichen Tälern, einsamen Wäldern, weiten Ebenen und sonnigen Weinbergen. Der anspruchsvolle Gast findet in exquisiten Hotels modernsten Komfort; die gutgeführten Gasthöfe und Pensionen in den reizvollen Gebieten des Landes und die einladenden Schutzhäuser in der Einsamkeit der Berge bieten den Erholungssuchenden abseits der großen Verkehrsstraßen willkommene Entspannung und Ruhe.

Es genügt aber heute nicht mehr, daß der gewählte Ferienart in einer schönen und lieblichen Landschaft liegt und daß die Gaststätten und Hotels sauber und gemütlich sind. Es ist eine feststehende Tatsache, daß Gemeinden, die über verschiedene Einrichtungen verfügen, viel lieber aufgesucht werden. Für die jüngere Generation ist zum Beispiel ein Urlaubsort ohne Bademöglichkeit fast undenkbar; so verfügt Niederösterreich derzeit über mehr als 150 wohlgepflegte, schöne Sommerbäder. Elf Sessellifte und zwei Seil- und Bergbahnen führen bequem zu sonnigen Höhen, zu Aussichtspunkten und gemütlichen Wanderwegen.

In letzter Zeit hat sich eine große Liebe zum Reitsport gezeigt. Diesem Wunsche vieler Urlauber Rechnung tragend, bestehen in 38 niederösterreichischen Gemeinden Reitvereine und Reitclubs. In unzähligen Orten erwarten Tennisplätze und Kegelbahnen den Gast; aber auch der Golfsport erfreut sich in Österreich immer größerer Beliebtheit. Am Semmering verfügt Niederösterreich über einen der schönsten Golfplätze Österreichs, in 26 Orten stehen Minigolf-, Miniaturgolf- oder Kleingolfanlagen zur Verfügung. Für den Fischfang ist Niederösterredch mit seinem breiten Strom, seinen vielen Flüssen, den Teichen und kleinen Seen ein ideales Land.

Das trotz der Motorisierung noch immer beliebte Wandern wird durch gut markierte Wanderwege und Klettersteige gefördert; gepflegte Promenade-Im Schloß selbst soll ein Burgmuseum eingerichtet werden. Wo früher das Arbeitslager für die Baustelle Ottenstein stand, reiht sich heute Bungalow an Bungalow für unbeschwerte Urlaubstage. NEWAG und NIOGAS haben hier ein Erholungszentrum errichtet mit einem vorzüglichen Restaurant und einer modernen Kegelbahn. Aber auch direkt am Seeufer wurde ein Boots- und Rasthaus errichtet. Große Rundfahrtboote — der Ottensteinsee ist 14 km lang und reicht fast bis zum Stift Zwettl —, 150 Ruderboote, Umkleideräume und Duschen stehen zur Verfügung.

Das Kamptal zwischen Stift Zwettl und Rosenburg hat ein neues, ein seenprächtiges Gesicht bekommen, es hat damit aber auch seine Kunstschätze in das Blickfeld eines weit größeren Besucherkreises gerückt. Das Zisterzienserstift Zwettl, fast mit dem Boot erreichbar, liegt am Ende des Ottensteiner Stausees. 1138 von den Kuenringern gegründet, bietet es vor allem mit dem Kreuzgang eine weltberühmte Sehenswürdigkeit. Romanische Elemente, die wir auch im Kapitelhaus (1187) finden, vermengen sich hier bereits mit der aufstrebenden Gotik (1240). Das wege und gemütliche Ruhebänke an schönen Aussichtspunkten stehen den älteren Gästen zur Verfügung. Die Kureinrichtungen in den weitbekannten niederösterreichischen Heilbädern und Kurorten werden ständig modernisiert und ausgebaut, um diese natürlichen Quellen des Heiles und der Gesundung den internationalen Forderungen anzupassen.

Die Entwicklung des modernen Fremdenverkehrs hat auch das Campingwesen als eine neue Art der Touristik entstehen lassen; es wurde daher auch in Niederösterreich die Anlage von Campingplätzen notwendig, und es bestehen nun in 41 niederösterreichischen Gemeinden Campingplätze mit den notwendigen Einrichtungen.

Unzählige Kultur- und Kunstgüter findet der kunstbegeisterte Gast in Niederösterreich; die politischen und kulturellen Strömungen Europas haben sich hier in diesem Land getroffen, gegenseitig befruchtet und zeichnen sich naturgemäß besonders klar und deutlich auf dem Gebiet der Kunst ab. Carnuntum, das österreichische „Pompeji“ im östlichen Teil' des Landes, die zahlreichen mittelalterlichen Burgruinen — einst feste Burgen, die einen wehrhaften Ring um das Land schlossen —, die schlichten und doch so erhabenen gotischen Kirchen und die prunkvollen Stifte und Schlösser aus der Zeit des Barocks sind Zeugen einer fast zweitausend jährigen Geschichte dieses Landes.

Nicht zuletzt sei aber auch die Gastfreundschaft im Land unter der Enns erwähnt. Geselligkeit und Fröhlichkeit sind hier überall zu Hause; neben der anerkannt guten Küche findet man hier die herrlichen Weine der Wachau, des Weinviertels und der Thermenlinie — begehrt und beliebt wegen ihres „Buketts" und ihrer leichten Verträglichkeit; sie stimmen heiter und froh, lassen Mühsal und Alltag vergessen — man „beißt“ und genießt sie.

All das ist Niederösterreich — das Land um Wien. Hier findet man die erholsamen und gemütlichen Feiertage, die man erhofft und gesucht hat.

Renaissanceschloß Greillenstein erweckt dank seiner gründlichen Wiederherstellung den Eindruck des lebendigen Verwaltungszentrums seiner Zeit. Es ist ebenso leicht von den Kamptalseen zu erreichen wie Stift Altenburg. Das Benediktinerstift (Altenburg) wurde durch die Paul-Troger- Ausstellung des Landes Niederösterreich weit über unsere Grenzen bekannt. Seit acht Jahrhunderten ist es Seelsorge- und Kulturzentrum des Kreises Hom. Die wichtigsten Kunstbauten entstanden zwischen 1729 und 1741 unter der Leitung des Baumeisters Josef Munggenast von Sankt Pölten.

Und wenn man schon an den dunklen Wassern des Kamp Urlaubstage verbringt, dann sollte man auch die Rosenburg, eine der schönsten österreichischen Burgen überhaupt, besuchen. Der reichgegliederte Renaissancebau wird im Jahre 1175 bereits urkundlich genannt. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts erhält er seine heutige Gestalt, die von den 13 Türmen wesentlich geprägt wird. Reich Kunstsammlungen, eine Waffensammlung, urgeschichtliche Funde machen auch einen Regentag am Kamp zu einem erlebniserfüllten Tag.

Die Werke aus unserer Zeit stehen mit diesen alten Kulturdenkmälern nicht in Gegensatz. Der menschliche Geist bemächtigt sich mehr und mehr der Elemente in der Natur, er ringt nach Formen, die dem Zeitgefühl Ausdruck verleihen. Das sieht man auch in dem Versuch, die Gedächtniskirche über dem Kraftwerk Ottenstein dem Betonbogen unten im Tal anzupassen. Dieses Kraftwerk Ottenstein hat längst im Volksmund den Namen „Kaprun des Waldviertels“ erhalten. Wenngleich auch die Gletscherfelder und die tosenden Gebirgsbäche fehlen, so ist doch der Bau der Kampkraftwerke, ebenso wie Kaprun, in einem gewissen Sinne zum Symbol des Aufbaues und der wirtschaftlichen Kräftigung in Österreich geworden. Die NEWAG hat mit diesen Werken begonnen, als in unmittelbarer Nähe der Baustelle, auf dem Truppenübungsplatz Döllersheim, noch russische Kanonen abgefeuert wurden, als es für Niederösterreich als russisch besetztes Land kaum ausländische Geldmittel und nur wenig inländische Finanzquellen gab. Doch der Rhythmus der Arbeit übertönte bald den Lärm fremder Geschütze, trotz zahlreicher Widerstände wurden neue Werke des Friedens errichtet. Die Kampkraftwerke waren die erste Großbaustelle Niederösterreichs, sie wurden aus eigener Kraft, mit dem Arbeitswillen eines ganzen Landes, mit der Initiative vor allem eines Mannes, des damaligen niederösterreichischen Landesrates und Geschäftsführenden Präsidenten der NEWAG, Viktor Müllner, errichtet.

Das Ausgleichswerk Thumberg-Wegscheid wurde 1952 von Bundeskanzler Ing. Leopold Figl eröffnet. Ein Jahr darauf übergab Bundeskanzler Ing. Julius Raab das Spitzenkraftwerk Dobra- Krumau dem Betrieb. Das Pumpspeicherwerk Ottenstein begann im Herbst 1956 mit der Stromerzeugung.

Die energiewirtschaftliche Bedeutung der Kampkraftwerke — sie erzeugen jährlich rund 110 Millionen kWh —, liegt vor allem in der Bereitstellung von Strom im wasserarmen Winter und zu besonderen Belastungszeiten. Die wirtschaftliche Bedeutung dieser Werke, insbesondere für das Waldviertel, kann von Jahr zu Jahr deutlich erkannt werden. Das ganze Gebiet ist in das Interesse der Öffentlichkeit gerückt worden, und der Fremdenverkehr hat völlig neue Möglichkeiten gebracht. In zahlreichen Gemeinden hat man diese Chance genützt, das Gebiet um die Kampstauseen ist ein gastliches Land geworden!

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