Blindflug gegen die Angst

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50 Millionen Tote weltweit? Womöglich, aber bitte keine Panik! Zwei Millionen Packungen "Tamiflu" für die österreichische Bevölkerung? Unbedingt - aber keine Ahnung, wann diese Menge angesichts der späten Bestellung beim Pharmariesen Roche geliefert wird. Geschweige denn, ob das Grippemedikament und Hysterie-Placebo tatsächlich gegen das tückische H5N1-Virus wirkt.

Puncto (Des-)Information und diffuser kollektiver Angst hat die Vogelgrippe sowohl bse als auch sars längst in den Schatten gestellt. Kein Wunder: Kaum eine Frage über die in Asien grassierende und nun auch in Griechenland aufgetauchte Tierseuche kann mit Sicherheit beantwortet werden. Tatsache ist, dass jene 117 Menschen, die sich weltweit mit dem Vogelgrippe-Virus infizierten, auf engstem Raum mit Geflügel zusammenlebten. Eine Mutation des Erregers zu einem "Supervirus", der nicht nur von Tier zu Mensch, sondern auch von Mensch zu Mensch übertragen wird, konnte bisher nicht nachgewiesen werden. Sie ist freilich auch nicht auszuschließen. Eine mögliche Folge wäre eine Grippe-Pandemie - für die man in der eu unzureichend gerüstet ist: Statt für 25 Prozent der Bevölkerung bestünden laut eu-Gesundheitskommissar Markos Kyprianou nur Arznei-Reserven für jeden zehnten Bürger. Die Entwicklung einer maßgeschneiderten Impfung wird überhaupt noch Monate dauern.

So viel zu den Unwägbarkeiten, die von besonnenen Politikern und nüchternen Experten zu bewerten sind. Eine Massen-Psychose ist hingegen wenig hilfreich - so verständlich sie wäre: Schließlich ist es bequemer, sich beim Fernsehen vor einer heraufdräuenden Menschheitsseuche zu gruseln, als etwa einen Schritt gegen das De-Facto-Massensterben an Diabetes, Herzinfarkt und Co. zu wagen, sich von der Couch zu erheben und das Rauchen einzustellen.

doris.helmberger@furche.at

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