Aufmacher, Soniá Melo, Sezoniere, Erntearbeit, Arbeitsrechte, Ausbeutung, Kapitalismus - © Sezonieri

Ausbeutung in der Erntearbeit: "Sie arbeiten für fünf Euro pro Stunde"

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Die Sezonieri-Initiative kämpft seit zehn Jahren für die Rechte von Erntearbeitern. Aktivistin Sónia Melo über die Übermacht des Handels, die Verantwortung der Konsumenten und verpuffte Corona-Effekte.

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Die Sezonieri-Initiative kämpft seit zehn Jahren für die Rechte von Erntearbeitern. Aktivistin Sónia Melo über die Übermacht des Handels, die Verantwortung der Konsumenten und verpuffte Corona-Effekte.

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Auf dem Papier sind die Arbeitsrechte von Erntearbeitern in Österreich nicht schlecht. Das Problem: Sie werden viel zu selten eingehalten. Die Aktivistin ­Sónia Melo von der Initiative Sezonieri erzählt, welche Schlupflöcher die Betriebe nutzen und was Konsumenten tun können.

DIE FURCHE: Wenn ich in den Supermarkt gehe, gibt es 500 Gramm Karotten für 1,49 Euro und Kohl für 0,99 Euro – alles aus Österreich. Wie kommen diese niedrigen Preise zustande?

Sónia Melo: Meist verdienen Erntearbeiter:innen in Österreich viel weniger als das, was der Kollektivvertrag vorgibt. Die Kollektivverträge schreiben Mindestlöhne zwischen sieben und acht Euro netto pro Stunde vor, je nach Bundesland und Region. Ich habe noch nie einen Landarbeiter oder eine Landarbeiterin getroffen, die das verdient. Beispielsweise wird für Unterkunft und Verpflegung zu viel abgezogen, es werden keine Überstundenzuschläge, Nacht- oder Sonntagszuschläge bezahlt. An sich sind die Regelungen nicht schlecht – aber sie werden nicht eingehalten.

DIE FURCHE: Woran liegt das?

Melo: Als wir 2014 mit der Sezonieri-Kampagne begonnen haben, stellten wir fest, dass die meisten nicht wissen, was ihnen zusteht. 90 Prozent der Leute kommen nicht aus Österreich, die meisten sind aus Rumänien. Deswegen heißt die Kampagne Sezonieri, Rumänisch für „Saisonarbeiter“. Wir haben 2014 begonnen, mehrsprachige Flyer auf den Feldern zu verteilen, mit Hotlines für Beratungsangebote in verschiedenen Sprachen, anonym, kostenlos und in ihrer Muttersprache. Trotzdem nehmen viele die Ausbeutung in Kauf, weil sie den Job brauchen. Sie haben keine Alternativen.

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