Gerade einmal ein Tausendstel der 54 Milliarden Euro sollte für die heikle Causa zur Verfügung stehen: Und dennoch schien die umstrittene Stammzellforschung vergangenen Montag den Beschluss des 7. EU-Forschungsrahmenprogramms fast zu sprengen. Kein Wunder, schließlich geht es weniger um Geld als darum, im europäischen Widerstreit der Werthaltungen einen Kompromiss zu finden.
Die Differenzen sind groß: Hier Staaten wie Österreich oder Polen, die - wie zuletzt George W. Bush - jegliche Forschung an Stammzell(linien) ablehnen, weil zuvor die Tötung "überzähliger" Embryonen nötig ist; dort Länder wie Großbritannien oder Schweden, die für die Freiheit der Forschung kämpfen - und ablehnende Haltungen gern als "unsachlich, religiös und emotional motiviert" disqualifizieren.
Dass trotzdem ein Kompromiss zustande kam, liegt an Annette Schavan. Die deutsche Forschungsministerin und bekennende Katholikin stimmte zu, Forschung an Stammzell(linien) wie bisher zu fördern. Zugleich dürfe es aber keine finanziellen Anreize für die direkte Zerstörung von Embryonen geben.
Mit diesem gut gemeinten Schritt hat Schavan der deutschen Biopolitik freilich einen Bärendienst erwiesen. Warum etwa sollten sich deutsche Forscher nach wie vor mit Material begnügen, das vor dem Stichtag 1. Februar 2002 gewonnen wurde, wenn ihre britischen Kollegen mit Geldern der EU (und damit auch Deutschlands) auch an neuen Linien experimentieren dürfen?
Schavans Kollegin Elisabeth Gehrer, die auf ihrem Nein beharrt hat, bleibt von solchen Fragen verschont. Sie wird nur mit zweierlei leben müssen: mit der Tatsache, dass österreichische EU-Gelder dennoch in embryonale Stammzellforschung fließen; und mit dem Risiko, dereinst mit Therapien gegen Alzheimer oder Parkinson konfrontiert zu werden, die es aus ethischen Gründen nie geben dürfte.
doris.helmberger@furche.at
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