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Johannes Huber, Vorsitzender der Bioethikkommission der Bundesregierung, im Furche-Gespräch.

Die Furche: Wie umwälzend ist die Meldung, wonach es möglich ist, aus embryonalen Stammzellen künstliche Eizellen zu züchten?

Johannes Huber: Das ist ein Symptom einer epochalen Entwicklung, dass man Zellen untereinander austauschen kann und die Entwicklung, die mit der Befruchtung beginnt und zur Bildung eines fertigen Menschen führt, wieder rückgängig machen kann. Man hat die Chronologie des Biologischen nicht nur unterbrochen, sondern man hat sie revidiert. Dadurch kommt es natürlich zu einer extremen Relativierung bisheriger Begriffe: Was ist ein Embryo? Hier muss man in der Diskussion äußerst vorsichtig und letzten Endes auch tolerant sein.

Die Furche: Wie realistisch wäre der Plan, künstliche Eizellen mit künstlichem Sperma zu befruchten?

Huber: Das wäre nicht unrealistisch. Man hat ja 1999, als das Chromosom der Drosophila-Fliege dechiffriert worden ist, auch nicht geglaubt, dass zwei Jahre später das Genom des Menschen dechiffriert sein würde.

Die Furche: Glaubt man Hans Schöler, dann könnte es für homosexuelle Paare oder Frauen jenseits der Menopause einmal möglich sein, Kinder zu bekommen. Was halten Sie davon?

Huber: Man sollte die Natur zur Richtschnur für unser Handeln nehmen und das machen, was die Evolution vorgegeben hat. Wenn hier Unfälle passieren, dann ist es legitim, sie auszubügeln. Wenn man sich aber über die Evolution hinweghebt, wird es - völlig unabhängig von der Ethik - problematisch.

Die Furche: Auf EU-Ebene wird gerade debattiert, ob im Zuge des 6. Forschungsrahmenprogramms ab 2004 auch embryonale Stammzellforschung gefördert werden soll. Wie lautet der Status quo?

Huber: Ich war kürzlich in Brüssel als Experte eingeladen: Diese Suppe ist noch nicht gegessen. Man darf nicht vergessen: Von den 15.000 Interessensbekundungen für wissenschaftliche Arbeiten haben sich gerade neun mit embryonalen Stammzellen beschäftigt. Wir haben jedenfalls den Vorschlag eingebracht, falls Grundlagenforschung an Embryonen nötig sein sollte, lieber Eileiterschwangerschaften zu verwenden. Da sich embryonale Stammzellen unbegrenzt teilen können, würde eine einzige reichen und das Problem wäre - zumindest für die Basisforschung - gelöst.

Das Gespräch führte Doris Helmberger.

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