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Ihr fortschreitender Untergang wurde seit längerem vorausgesagt, und ist prompt auch eingetreten: Jener der klassischen Familie: Vater und Mutter in lebenslanger (ehelicher) Beziehung, zwei Kinder und ein Häuschen. Stattdessen werden Familienformen immer bunter, was sich auch in einem zunehmend verbreiteten Modell ausdrückt: Patchwork, ursprünglich ein buntes Flickwerk aus Stoff, heute ein gängiger Begriff für zusammengesetzte Familien.

Familienformen dürften in Zukunft noch reichhaltiger werden, so die Analyse von Werte- und Trendforschern. Doch Patchwork war gestern, die Familie von morgen heißt "Netzwerkfamilie", prognostiziert das "Zukunftsinstitut" unter Leitung von Matthias Horx in seiner Weitblick-Analyse "Lebensstile 2020" bereits 2007 ( www.zukunftsinstitut.de). Denn während Patchwork-Familien immer noch versuchten, den Verlust und das Scheitern der traditionellen Familie zu kompensieren, würden Netzwerk-Familien eine neue Beziehungs- und Lebensqualität in den erweiterten Verbindungen nach außen entdecken, so die Forscher und Forscherinnen.

Pragmatische Geborgenheit

Die Leitmotive dieses Modells: Geborgenheit und Pragmatismus. Netzwerk-Familien sind demnach komplexe Funktionssysteme, der zahlreiche Mitglieder angehören: Großeltern, Ex-Partner(innen), Nachbarn, Freunde, alle verbunden in einem Netzwerk, wo man sich aushilft und sich als erweiterte Familie begreift. Nicht das Einfamilienhaus definiert Familie, sondern "Versorgungs- und Beziehungsmodelle".

Im Grunde sei es die "Neuauflage der Großfamilie", aber unter anderen Vorzeichen, so die Forscher. Laut der Studie "Lebensstile 2020" werden in den nächsten zehn Jahren die Mehrheit der deutschen Familien "Netzwerk-Familien" sein. Auch Vertreter von traditionelleren Familienformen würden sich allmählich in solche Netzwerke eingliedern, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu optimieren. Nicht die Familie ist am Ende, sondern die traditionelle-bürgerliche Vorstellung davon, so das Resümee. Und was ist mit der Renaissance einiger traditioneller Werte, für die es ebenso Indikatoren gibt? Etwa in der jüngsten Jugendwertestudie (Lieben, Leisten, Hoffen, Czernin Verlag, 2008). Demnach ist der Wert der Familie nach wie vor sehr hoch im Kurs und wird an zweiter Stelle nach der Bedeutung von Freunden genannt. Der Angabe, lebenslange Partnerschaften seien heute doch nicht mehr möglich, stimmen nur zwölf Prozent der jungen Männer und sieben Prozent der Mädchen zu. Fixe Partnerschaft und Kinder werden lebenszeitlich nach hinten verschoben. Der Wunsch nach einer eher traditionellen Familie scheint aber noch stark ausgeprägt.

Das zeigt sich auch in der Lebensstil-Studie in Form sogenannter "VIB-Familien", so der Begriff des "Zukunftsinstituts" für gebildete Spätzünder, denen nach erfolgreicher Karriere nur noch eines zum Glück fehlt: ein Kind, das dann zum "very-important-Baby" ernannt wird. Solche Familien würden phasenweise auch wieder eher traditionell gestaltet sein.

Und bei all den schönen Prognosen bleibt zumindest ein gewichtiger Unsicherheitsfaktor: die Wirtschaftskrise. Wohl niemand kann heute seriöserweise sagen, wie und ob sich dadurch Wertesysteme verändern. (bog)

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