Zeitgleich zur Diskussion über flächendeckende Auswahlverfahren an Österreichs Universitäten machte die Internationale Pädagogische Werktagung Salzburg Leistung zum Thema.
Susanne Breit-Kessler rebellierte: gegen den Mainstream der Engherzigkeit, gegen das Postulat der unbegrenzten Machbarkeit, gegen die Vergötzung des leistungsfähigen Menschen in Schule, Arbeitswelt und Fortpflanzungsmedizin. "Lasst die Kinder in euch zu euch kommen", lautete demgegenüber das Plädoyer der Regionalbischöfin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern. Der Ort ihrer rebellischen Kritik am "passenden Menschen", die sie zum Abschluss der 54. Internationalen Pädagogischen Werktagung Salzburg zum Thema "Leistung - Lust & Last" vorbrachte, entbehrte freilich nicht der Pikanterie: Es war die neue Aula der Paris-Lodron-Universität Salzburg, jenem Ort, wo Ende Juni Dutzende Studierende ihre Sponsion oder Promotion feierten - noch unbehelligt von Aufnahmsprüfungen, Zugangsbeschränkungen oder Numerus Clausus.
Für ihre Nachfolgerinnen und Nachfolger brechen freilich härtere Zeiten an: Seit Freitag, 8. Juli, ist der freie Hochschulzugang in Österreich de facto Geschichte. Wurden vom Nationalrat nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vorerst nur Zugangsbeschränkungen in den acht Fächern Medizin, Zahn- und Veterinärmedizin, Psychologie, Pharmazie, Biologie, Betriebswirtschaft und Publizistik vorgesehen, so empfiehlt Jürgen Mittelstraß, Wissenschaftstheoretiker an der Universität Konstanz und Chef des Wissenschaftsrats - des zentralen Beratungsorgans des Bildungsministeriums in Hochschulfragen - nunmehr ein flächendeckendes Modell von qualifizierenden Auswahlverfahren an allen Unis und für alle Studienfächer.
Transparente Testverfahren
Olaf Köller, Professor für Pädagogische Psychologie an der Humboldt-Universität zu Berlin und Referent bei der Pädagogischen Werktagung, sieht in einer solchen anfänglichen Leistungskontrolle bzw. der "systematischen Testung der Studierfähigkeit" gleichermaßen Chancen für die Hochschulen wie für die Studierenden. "Die Abiturnote in Deutschland kann nicht unabhängig vom Bundesland gelesen werden", meint der Experte, der sich insgesamt durch Evaluation und Bildungsstandards eine Qualitätssteigerung im Bildungssystem erhofft. "Es ist ein wesentlicher Schritt, den Hochschulen die Auswahl zu überlassen." Voraussetzung dafür sei selbstverständlich ein transparentes Testverfahren: So müssten die Aufgabenstellungen und die Anforderungsprofile den Bewerberinnen und Bewerbern klar sein. Sei dies der Fall, so könne von sozialen Benachteiligungen oder Ungleichheiten keine Rede sein.
Viel eher sind sie im Schulbereich zu finden, glaubt Köller - und stimmt in dieser Diagnose mit allen Referentinnen und Referenten der Pädagogischen Werktagung überein. Noch immer sei etwa das Erreichen der Matura im Wesentlichen vom Bildungsstand der Eltern abhängig, wissen die Expertinnen und Experten. "Bevor wir über Leistung reden und befinden, müssen wir uns also als Gesellschaft über das Prinzip der Gleichheit - im Sinne gleicher Chancen - einigen", fordert deshalb Roland Reichenbach, Professor für Allgemeine und Systematische Erziehungswissenschaft an der Universität Münster.
Demokratie lernen
Insgesamt sei nach Meinung Reichenbachs die Schule viel besser als ihr Ruf. "Besonders in Bezug auf ihre Demokratie-vermittelnden Funktionen wird sie stark unterschätzt. Es geht ja darum, nicht nur das Denkvermögen zu schulen, sondern auch die Selbstbildung zu forcieren", betont Reichenbach. "Nicht nur Wissen und Können, auch soziale Praktiken wie das Teilen wollen ja gelernt sein."
Bestellung des Tagungsbands
bei der Internationalen Pädagogischen
Werktagung Salzburg
Raiffeisenstraße 2,
5061 Elsbethen bzw. unter
pwt@bildung.kirchen.net
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