"Ich bin offen für gute Ideen"

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Der steirische ÖVP-Landesgeschäftsführer und habilitierte Religionspädagoge Andreas Schnider im Interview.

Die Furche: Sie haben sich zuletzt mit Ihrer Parteikollegin Elisabeth Gehrer punkto Ganztagsschulen einen medialen Schlagabtausch geliefert. Wo liegt das Problem?

Andreas Schnider: Die Ministerin verfährt nach dem Motto: Richtet euch Ganztagsschulen ein, wenn ihr wollt - doch gleichzeitig hält sie daran fest, dass dazu im Schulforum oder Schulgemeinschaftsausschuss eine Zweidrittel-mehrheit nötig ist. Das ist aber nicht durchführbar, wie wir auch aus dem Parlament wissen. Das Drittel, das niedergestimmt wird, bleibt auf der Strecke. Wenn man schon keine Schulorganisationsformen diskutieren will, wie das die Ministerin tut, dann soll man sie doch aus dem Gesetz herausnehmen und den Direktoren, Lehrern und Eltern vor Ort zutrauen, selbst ihre Organisation zu finden. Es kann nicht sein, dass Bürgerinnen und Bürger die Halbtagsschule vorgesetzt bekommen, aber eine andere Schulform aktiv erkämpfen müssen.

Furche: Wie kann man aber umgekehrt - gerade im ländlichen Bereich - verhindern, dass jene Eltern auf der Strecke bleiben, die ihre Kinder am Nachmittag selbst betreuen wollen?

Schnider: Ich bin der letzte, der die Ganztagsschule flächendeckend einführen möchte. Aber es muss leichter möglich sein, wenn Bedarf besteht. Man kann ja von zwei Klassen eine als Ganztagsklasse führen und sie mit mehr Ressourcen ausstatten. Dort, wo Ganztagsschulen begonnen haben - bisher nur Privatschulen -, sind die Anmeldungen jedenfalls hinaufgeklettert. So unattraktiv kann diese Schulform also nicht sein.

Die Furche: Eine Kritik am Ganztagsschulmodell ist, dass es zu wenig Rückzugsmöglichkeiten für die Schüler geben würde...

Schnider: Diese Frage muss man sich genau anschauen. Vorweg muss man aber klar definieren: Das ist Schulzeit, hier passiert Schule. Man darf nicht die Hälfte der Schul-Aufgaben wieder nach Hause auslagern. Derzeit wenden die Eltern rund zehn Stunden pro Woche auf, um mit ihren Kindern für die Schule zu lernen. Hier frage ich mich, ob nicht die Freizeit wieder verschult wird. Eltern sollten sich doch in anderen Lern- und Kommunikationsbereichen einbringen.

Die Furche: Nichtsdestotrotz beharrt die Bundes-ÖVP auf ihrem Nein zur Ganztagsschule. Andererseits loben Sie in Ihrem Buch das Bildungsmanifest der Grünen. Wandeln Sie nicht längst auf fremdem Terrain?

Schnider: Dieser Eindruck ist falsch. Es hat einfach in letzter Zeit zwei Publikationen gegeben, die im Bildungsbereich etwas Neues auf den Tisch gelegt haben: den Bericht der Zukunftskommission und das Bildungsmanifest der Grünen. Die haben in einer tollen Form die Ganztagsschule beschrieben, wonach Lernen und Leben in Einheit zu sehen ist. Auch das Feiern - ein christlicher Grundgedanke - wird dort stärker eingebracht, als es von uns Christlichsozialen eingefordert wird. Das wollte ich nur ganz unparteiisch feststellen. Ich bin eben offen für alle guten Ideen.

Das Gespräch führte Doris Helmberger.

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