Es klingt zynisch, ist aber so: Die "Fristenregelung" feiert Geburtstag. Vor genau 30 Jahren, am 1. Jänner 1975, trat der Paragraph 97, Strafgesetzbuch in Kraft. Eine Abtreibung ist demnach straffrei, wenn sie in den ersten drei Monaten nach "vorhergehender ärztlicher Beratung" vorgenommen wird. Besteht die "ernste Gefahr", dass das Kind geistig oder körperlich schwer geschädigt ist, kann es im Grunde bis zur Geburt abgetrieben werden.
Nicht nur für die katholische Kirche war und ist dieser politische Kompromiss zwischen dem Selbstbestimmungsrecht der Frau und dem Lebensschutz des Kindes eine "offene Wunde": Jeden Einzelnen und jede Einzelne muss es betroffen machen, dass sich Frauen nach wie vor - aus welchen Gründen immer - außer Stande sehen, sich für ihr Kind zu entscheiden.
Nicht weniger betroffen macht freilich der gegenwärtige, gesellschaftliche Umgang mit der "Fristenregelung" - und damit ist beileibe nicht nur die polemische Auseinandersetzung um die (ab 1. April 2005 zugelassenen) Abtreibungen in Salzburger Landesspitälern gemeint.
Bis heute ist etwa die Zahl der tatsächlichen Abtreibungen in Österreich völlig unbekannt: Die Schätzungen reichen von 25.000 bis 60.000 pro Jahr. Auch über die Gründe, warum sich Frauen zu diesem Schritt entschließen, kann man nur mutmaßen. Anders als in Deutschland, wo in einem verpflichtenden psychosozialen Gespräch diese Motive zu Tage treten, ist in Österreich nur eine ärztliche Beratung (in der Praxis oft durch den abtreibenden Mediziner!) vorgeschrieben.
Erst das Wissen über die Hintergründe macht aber treffsichere Hilfestellungen möglich. Der runde "Geburtstag" der "Fristenregelung" könnte ein guter Anlass sein, diese nötigen "flankierenden Maßnahmen" umzusetzen. Schließlich wären sie schon seit 30 Jahren Pflicht.
doris.helmberger@furche.at
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