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Nun hat auch Österreich seinen ersten BSE-Fall - nach dem Schweineskandal wieder ein Imageverlust der Landwirtschaft. Seit langem verliert sie an Bedeutung. Im Zuge der EU-Osterweiterung, der Öffnung der Agrarmärkte im Rahmen der WTO und wachsender internationaler Arbeitsteilung stellt sich die Frage: Braucht das alpine Österreich zukünftig überhaupt noch Bauern?

Im Vorjahr sei erstmals seit 1995 das Agrareinkommen in Österreich gestiegen, vermeldete im Juli der "Grüne Bericht 2000". Allerdings handelt es sich nur um ein Plus von mageren 1,6 Prozent - und das in einem Jahr, in dem Österreichs Wirtschaft insgesamt um beachtliche 3,2 Prozent gewachsen ist. Selbst dieses für die Bauern relativ gute Jahr macht also deutlich, dass dem Agrarsektor der Wind ins Gesicht bläst.

Wie tiefreichend die Krise ist, erkennt man am besten, wenn man die heutige Situation mit jener zu Beginn der siebziger Jahre vergleicht. Von den damals 424.000 in der Land- und Forstwirtschaft Tätigen (1971) blieben im Vorjahr nur 140.700 übrig - ganze vier Prozent aller Beschäftigten. Sie tragen kümmerliche 1,3 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei, eine fast vernachlässigbare Größe, könnte man meinen.

Im Fachjargon läuft dieses Schrumpfen des Agrarsektors beschönigend unter Strukturbereinigung. Die Betriebe hierzulande seien eben zu klein, um konkurrenzfähig zu sein, wird argumentiert. Und tatsächlich rangiert Österreich im EU-Vergleich nur an zwölfter Stelle, wenn man die durchschnittliche Betriebsgröße als Maßstab heranzieht. Tatsächlich verfügten 41 Prozent der 217.500 im Vorjahr hierzulande bewirtschafteten Höfe - zwei Drittel davon im Nebenerwerb - über weniger als zehn Hektar Wirtschaftsfläche. Diese Betriebsstruktur hängt auch mit Österreichs geographischen Gegebenheiten zusammen. 70 Prozent seiner Landesfläche entfallen auf Berggebiete. Kein anderes EU-Land ist annähernd so gebirgig.

Was der österreichischen Landwirtschaft zu schaffen macht, sind jedoch nicht nur die geographischen Bedingungen, sondern vor allem die Tatsache, dass sich ihre Kosten und die von ihr erzielten Preise sehr stark auseinander entwickeln: Vergleicht man die Zeitreihen der beiden Größen über die letzten 25 Jahre, so stehen einer Kostensteigerung von rund 70 Prozent annähernd konstante Preise gegenüber. Diese Lücke sollen Zahlungen an die Landwirtschaft zumindest teilweise schließen.

So ergibt sich folgende Konstellation: Von den rund 250.000 Schilling, die eine familieneigene Arbeitskraft im Durchschnitt pro Jahr einnimmt, fließt ein Drittel aus öffentlichen Haushalten zu. Die Bauern stehen damit als Subventionsempfänger da. Ihr Überleben hängt somit vom "good will" der Allgemeinheit ab, sich diesen "Luxus" zu leisten. Dass die Landwirtschaft dabei Leistungen für den Umwelt- und Landschaftschutz erbringt, kann dabei leicht übersehen werden.

Derzeit besteht allerdings die Bereitschaft, diese Leistung zu honorieren, in der EU durchaus. Eine Eurobarometer-Erhebung, die im heurigen Sommer durchgeführt worden ist, lässt eine sehr positive Einstellung erkennen: 77 Prozent der befragten Europäer traten für die Sicherung stabiler und angemessener Einkommen für die Landwirte in der EU ein. Zu sehen ist das auf dem Hintergrund des sehr ausgeprägten Wunsches nach gesunden und sicheren Lebensmitteln, die für 90 Prozent der Befragten wichtig sind. Fast ebenso vielen Europäern liegt der Schutz der Umwelt am Herzen. Ihn sehen sie eher in einer bäuerlich ausgerichteten, als in einer industrialisierten Landwirtschaft verwirklicht.

Keine Frage, dass gerade Biobetriebe - mit zehn Prozent Anteil ist Österreich auf diesem Gebiet "Weltmeister" - wesentlich zur Erfüllung dieser Funktionen beitragen. Bioprodukte haben im Gefolge der erwähnten Krisen im vergangenen Jahr auch eine beachtliche Umsatzsteigerung erlebt. Auch der kürzlich entdeckte BSE-Fall in Österreich wird deren Absatz zugute kommen.

Dennoch leiden auch Biobetriebe - ihre Zahl ist leicht fallend - unter dem massiven Preisdruck, der ganz allgemein auf der Erzeugung von Lebensmitteln lastet. Leider ist dieser in Österreich besonders stark, da die Konzentration auf dem heimischen Lebensmittelmarkt ein Ausmaß angenommen hat, das allen Grundsätzen der Marktwirtschaft widerspricht: Die zwei größten Ketten (Billa und Spar) verfügen gemeinsam über einen Marktanteil von zwei Drittel. Und die vier größten Anbieter decken 80 Prozent des Bedarfs ab. Dieser enorme Preisdruck macht auch der österreichischen Lebensmittelindustrie das Leben schwer. Sie schwankt zwischen Stagnation und Schrumpfung, was den Absatz von Agrarprodukten ebenfalls erschwert.

Ein weiterer Faktor darf bei der Beurteilung der Lage nicht außer Acht gelassen werden. Der ländliche Raum verliert an Attraktivität, weil seine Infrastruktur systematisch abgebaut wird: Postämter, Gerichte, Krankenhäuser werden in den kleineren Ortschaften unter dem Diktat des Nulldefizits geschlossen. Die Eisenbahnlinien und Stationen fallen dem Rationalisierungsprozess der Bundesbahnen zum Opfer. Und viele Geschäfte und Gasthäuser mussten sich der Konkurrenz der Einkaufs- und Vergnügungszentren beugen. Wie soll da der ländliche Raum überleben?

Diese Frage dürfte auch den bäuerlichen Nachwuchs bewegen. Seine Haltung sei zwiespältig wird im "Grünen Bericht" festgehalten: "Auf der einen Seite werden interessante Möglichkeiten in der Spezialisierung beziehungsweise Diversifizierung des landwirtschaftlichen Betriebes gesehen, auf der anderen Seite schätzen junge Hoferben ein eigenes regelmäßiges unselbständiges Einkommen."

Die Jungen erleben zwar, dass die Bauern mehrheitlich (58 Prozent bei Befragung) Freude an ihrer Arbeit haben. Sie machen aber auch die Erfahrung, dass diese Tätigkeit für viele extrem anstrengend ist, vor allem für die Frauen: 46 Prozent der Bäuerinnen klagen, sie fühlten sich überfordert. Nebenerwerb und Fremdenverkehrsangebot, eine Art des Zuerwerbs der insbesondere in den Ungunstlagen des alpinen Raums stark forciert wird, sind oft Ursachen dieser Überforderung.

Dieser extreme Einsatz schreckt den bäuerlichen Nachwuchs wohl ebenso ab wie das Wagnis, auf einen grundsätzlichen Wandel der Agrarpolitik zu setzen. Die schwer absehbaren Folgen der Osterweiterung und weiterer Liberalisierungen des Agrarhandels im Rahmen der WTO tragen auch zur Verunsicherung bei.

Wie tief diese reicht, zeige eine Statistik über die Hofnachfolge, die derzeit erarbeitet wird, stellt Heinrich Wohlmeyer, Professor an der Universität für Bodenkultur, fest (siehe auch Seite 16). In zehn bis spätestens 20 Jahren werde es zu massiven Abbrüchen bei der Bewirtschaftung von Höfen kommen. "Es fehlen einfach die Jungen. Eine Zeitlang wird es also noch weitergehen - und dann ist es eben aus, die ländliche Struktur bricht zusammen. Ich denke auch an die Bezirksbauernkammer St. Pölten: Dort gab es 1.200 Mehrfach-Anträge, davon nur 47 von Personen unter 40 Jahren."

Wie düster die Jungbauernschaft selbst die Zukunft sieht, ist auf ihrer Homepage (www.jungbauern.at) nachzulesen: "In 20 Jahren wird es nur mehr halb so viele landwirtschaftliche Betriebe geben wie jetzt. In Summe werden 100.000 land- und forstwirtschaftliche Betriebe übrigbleiben. 40.000 Betriebe davon werden für den Markt produzieren. 60.000 Betriebe werden Freizeitbetriebe oder Zuerwerbsbetriebe sein ..."

Dieses absehbare Aus für eine das Landschaftsbild Österreichs prägende Landwirtschaft lässt sich wohl nur durch eine rasche, konsequente und glaubwürdige Kurskorrektur der Agrarpolitik vermeiden. Über ihre Stoßrichtung herrscht seit langem Klarheit (siehe Seiten 14 bis 17). Wird diese Änderung verzögert, so besteht die Gefahr, dass sie mangels interessierter Akteure undurchführbar wird - eine für dieses vom Fremdenverkehr abhängige Land keineswegs erfreuliche Perspektive.

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