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DDR. WALTER BRUNNER DIENST AN DER GEMEINDE

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Im traditionsreichen Gebäude der Fischer-von-Erlachschen Böhmischen Hofkanzlei — heute Sitz der höchsten Gerichtshöfe des Staates — wird umgebaut: Staubwolken, Ziegel, Bauschutt erschweren die Orientierung. Unvermittelt, ohne sich in einem Vorzimmer angemeldet zu haben, steht man in einem freundlichen Zimmer dem Hofrat des Verwaltungsgerichtshofes DDr. Walter Brunner, dem neuen Präsidenten der Katholischen Aktion, gegenüber. Hofrat Brunner —

seit Februar 1964 Richter des Verwaltungsgerichtshofes — ist Wiener. „Aus Breitensee“, fügt der Hofrat hinzu, aus jenem Teil des 15. Wiener Gemeindebezirks, dessen Pfarre er seit 1951 als Rechtsberater und als Obmann des Pfarrkirchenrates zur Seite steht. Nach der Matura — abgelegt im Sommer 1938 am Ottakringer Gymnasium — besuchte der Maturant den Abiturientenkurs an der Handelsakademie: „Ich tippe alles selbst, schneller als eine Sekretärin.“ Dann Arbeitsdienst, am 1. Oktober 1940 Beginn des Jusstudiums in Wien, bald darauf zur Wehrmacht eingezogen: Der Student Brunner trägt den blaugrauen Rock der Luftnachrichtentruppe.

Das unterbrochene Studium wird nach Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft im September 1946 wiederaufgenommen und 1948 mit der Promotion zum Doctor juris abgeschlossen. 1950 — Dr. Brunner ist bereits Beamter im Finanzdienst — wird auch der Doctor rerum politica- rum erworben. 1951 übersiedelt DDr. Brunner ins Unterrichtsministerium, in die Hochschul- sektion, und wird schließlich Leiter der wissenschaftlichen Ausländsabteilung: Tagungen und

Konferenzen führen ihn durch ganz Europa: zur UNESCO, zum

Europarat, schließlich auch nach Italien, wo DDr. Brunner am Zustandekommen des Gesetzes über die Anerkennung der Südtiroler Studientitel entscheidend beteiligt war. In einem der ersten Gutachten der angesehenen „Sozialwissenschaftlichen Arbeitsgemeinschaft“ — zu deren Mitarbeitern DDr. Brunner seit 1956 zählt — gab er die Anregung zu einem neuen Hochschultyp, einer Mischung aus gediegener juristischer Ausbildung und political science, ein Hochschul- typ, der in Linz seiner Verwirklichung entgegengeht.

Seit 19. Februar 1964 ist der Sektionsrat des Unterrichtsministeriums nun Hofrat und Richter am Verwaltungsgerichtshof der Republik. Ein Wechsel, zugeich der Abschied von einem Aufgabenbereich, in welchem DDr. Brunner als Fachmann für Hochschulfragen internationales Ansehen erringen konnte. Seine Wahl zum Präsidenten der Katholischen Aktion am 6. September 1964 in Innsbruck war für Hofrat Brunner eine Überraschung: „Mich kennt in den Bundesländern ja niemand, habe ich gedacht “ Die Mehrheit von Innsbruck freilich belehrte ihn eines Besseren.

Montag, den 26. Oktober 1964, wurde das neugewählte und von der österreichischen Bischofskonferenz bestätigte Präsidium der Katholischen Aktion durch Kardinal Dr. König in sein Amt eingeführt. Die Arbeit, die Hofrat Brunner in den kommenden sechs Jahren seiner Amtszeit als Präsident der Katholischen Aktion erwartet, ist nicht gering. Nur selten wird ein freies Wochenende der Familie — Hofrat Brunner ist seit 1950 verheiratet und hat einen 13jährigen Sohn — gehören. Die Verantwortung, die Hofrat Brunner durch die Anerkennung des Willens jener Mehrheit, die für ihn stimmte, auf sich genommen hat, verlangt einen ganzen Einsatz. Und der Richter des Verwaltungsgerichtshofes darf darüber nicht zu kurz kommen.

Die Herbstkonferenz der Katholischen Aktion hat sich als Generalthema für die nächsten zwei Arbeitsjahre „Die Katholische Aktion als Dienst an der Gemeinde der Christen“ gewählt. Und so faßt auch der neue Präsident sein hohes Amt auf. Dienst an der Gemeinde der Christen — ob als Ratgeber in allgemeinen Rechtsfragen des täglichen Lebens in seiner Heimatpfarre Breitensee in Wien, oder als Präsident der Katholischen Aktion Österreichs.

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