Sibylla Schwarz - © Bild: IMAGO / agefotostock

Sibylla Schwarz: Die junge Wilde

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Mit nur zehn Jahren schrieb sie ihr erstes Gedicht und sicherte sich so ihren Platz in einer Männerdomäne. Über Sibylla Schwarz, die unbeugsame Lyrikerin des Barock.

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Mit nur zehn Jahren schrieb sie ihr erstes Gedicht und sicherte sich so ihren Platz in einer Männerdomäne. Über Sibylla Schwarz, die unbeugsame Lyrikerin des Barock.

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Ein heruntergekommenes Backsteinhaus mit vertäfelten Fenstern im Zentrum von Greifswald: Das Geburtshaus von Sibylla Schwarz, der wohl wichtigsten Lyrikerin des Barock, ist heute verwaist. An der Hausfassade sind Epigramme angebracht. Neben den Graffiti, die an die Wand geschmiert wurden, sehen die Zeilen von Schwarz fast absurd aus: „Du meinst ich soll dein noch gedenken und dich lieben,/ ob du mich schon verlässt, ey sei doch nicht so toll,/ich habe dir ja oft vor diesem schon geschrieben:/Dass niemand Eisen, Stein und Klötze lieben soll.“ Dabei war die pommersche Dichterin selbst noch eine Jugendliche, als sie diese Zeilen schrieb.

Heute wird die 1621 geborene Schwarz als Ausnahmetalent und Wunderkind gefeiert. Zu ihrem 400. Geburtstag, im Februar 2021, sind gleich mehrere Neuauflagen ihrer Gedichte und zwei kritische Ausgaben erschienen. Die Barockpoetin war ihrer Zeit voraus. Ihr Gedicht „Gesang wider den Neid“ bezeichnet die Literaturwissenschaftlerin Erika Greber als das „erste kompromißlos feministische Gedicht der Weltliteratur“: „Hat zwar die Missgunst tausend Zungen/Und mehr als tausend ausgestreckt/Und kommt mit Macht auf mich gedrungen,/So wird ich dennoch nicht erschreckt;/…“ Schwarz war eine Draufgängerin, die einzige Lyrikerin in der damaligen Männerdomäne. Sie erkämpfte sich ihren Platz mit Bissigkeit und Humor und starb mit nur 17 Jahren an der Ruhr, einer Infektionskrankheit. Oder doch an einem gebrochenen Herzen?

„Die pommersche Sappho“

Als jüngstes von sieben Kindern in eine einflussreiche Patrizierfamilie geboren, erhielt Sibylla Schwarz schon früh Zugang zu umfassender Bildung. Ihre Mutter Regine war die Tochter eines Ratsherrn. Sie unterrichtete die kleine Sibylla. Als Regine an der Pest starb, übernahm der Vater Christian Schwarz, damals Bürgermeister von Greifswald, die Ausbildung des Mädchens. Ihr älterer Bruder brachte ihr von seinen Reisen immer wieder neue Lektüre mit. Sibylla lernte Latein und schien die antike Mythologie fast manisch aufzusaugen.

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