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Malaysias Zangengeburt

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Neben den vielen kleinen Staaten, die in den letzten Jahren mit geringen Geburtswehen geboren oder durch Spaltung gezeugt wurden und, kaum daß sie gehen konnten, an goldenen Leinen in die Hallen der UNO eingeführt wurden, nimmt sich die schwere Geburt des, lebensfähigen und wohlhabenden Malaysia recht seltsam aus.

Um was handelt es sich ’.tir wirklich? Da hat sich ihr Außenminister Subandrio ein wenig verraten, als er laut erklärte und drohte: „Entweder wird Indonesien Malaysia oder Malaysia Indonesien vernichten.“ Würde die UNO richtig funktionieren, so würde der erste Satz wegen grober Verletzung von Alt. • 2M def SatZühg („Jedes' Mitglied hat sich in seihen internationalen Beziehungen der Androhung oder des Gebrauches von Gewalt gegen die territoriale Integrität oder politische Unabhängigkeit irgend eines Staates zu enthalten“) den Ausschluß Indonesiens nach sich ziehen. Der zweite Satz ist aber so unsinnig, daß er nur dann Bedeutung gewinnt, wenn er blitzartig und wohl sehr gegen den Willen des Sprechers das wahre Gesicht Indonesiens zeigt.

Indonesien ist als ein Bundesstaat gegründet worden, dessen Teile Java, Sumatra, Celebes usw. Gleichberechtigung genießen sollten. Flugs und kaum beachtet wurde diese Struktur von seinen Führern verfälscht. Der menschenreichste der

Staaten, Java, unterwarf in blutigen Kolonialkriegen die anderen Inseln, um sie auszubeuten.

Hundert Millionen gegen zehn

Wie verhält sich nun Malaysia gegenüber der Drohung, einer Drohung von hundert Millionen gegen zehn? Fast so, aber nicht ganz so wie die zwei Millionen Israels gegen die Drohung der vierzig Millionen. Gelassen und entschlossen. Nur seine Bevölkerung ist noch nicht so geschlossen wie die Israels, wo das Wunder gelang, die verschiedensten Völkerelemente in phantastisch kurzer Zeit zu einem neuen, einheitlichen Volk zu verschmelzen. Malaysia steht erst am Anfang dieses Prozesses, und seine Chinesen sind schwer verdaulich, weil zu viele von ihnen nach Rotchina statt nach dem echten China auf Formosa schielen. Allerdings erinnern sie sich an die Behandlung, die den harmlosen chinesischen Händlern in Indonesien widerfuhr. Unrecht kann lehrreich wirken. Was die schönsten Reden aus Kuala Lumpur nicht vermochten, haben die Drohungen aus Jakarta vollbracht. Die Völker des jungen Reichs schließen sich zusammen, natürlich mit Ausnahme ihrer Kommunisten.

Kanonen statt Butter

Von Malaysia aus kann man eben nicht übersehen, was aus Indonesien in wenigen Jahren wurde. Während seine zahlreichen Völker unter der holländischen „Knechtschaft“ froh und wohlgenährt waren, hungern und ducken sie sich in der javanischen „Freiheit“. Dae ist eine Freiheit ohne Handlungs- und Redefreiheit. Eben hat Sukarno ein Gesetz einführen müssen, das jede „Abweichung von der Ideologie des Staates“ und jede „Sympathieäußerung für einen Indonesien feindlichen Staat“ mit der Todesstrafe bedroht.

Hunger und Knechtschaft seiner Völker gehen Sukarno nicht nahe, im Gegenteil, sie sind ihm Mittel zu seinen Zwecken. Ein hungriges Volk ist leichter für Eroberungen zu haben, wenn man ihm Beute zeigt, und Knechtschaft ist eine Peitsche, mit der man es in Kriege treiben kann. Für seine Eroberungen braucht er Kanonen statt Butter, moderner ausgedrückt: Flugzeuge statt Bananen. In den wenigen Wochen seit Beginn des mutwilligen Krieges, den er mit dem verschwommenen und unehrlichen Ausdruck „Confrontation" tarnen will, hat Indonesien schon eine halbe Milliarde Mark eingebüßt.

Die Tast-Methode

Sukarno tastet ab, wie weit er gehen kann. Zuerst kam der Raub an den holländischen Bürgern, „weil Holland ihm nicht Neu-Guinea ausliefern wollte“. Dann die Zerstörung der britischen Botschaft und der Feldzug gegen britische Bürger wegen Malaysia. Noch geschah ihm nichts. Er versucht eine weitere undankbare Unverschämtheit, indem er bei der Eröffnung eines, leider!, mit amerikanischem Gelde gebauten Dammes das Hissen der amerikanischen Flagge verbietet. Was bedeuten diese großen und kleinen Verletzungen von Völkerrecht und internationalem Anstand? Er will eben abtasten, wie weit er mit seinen Herausforderungen gehen kann, ehe er auf ernsten Widerstand stößt.

Wichtig ist ferner, was geschehen könnte und daher müßte, um diesen gefährlichen Übermut zu brechen. Nur selten in der Weltgeschichte wurde dies so leicht gemacht. Man brauchte nur solidarisch Sukarno mit seinen eigenen Waffen schlagen. Was er zu Unrecht tut, wäre ihm zu Recht heimzuzahlen. Dazu braucht es nur ein bißchen Einsicht und Solidarität.- Wenn er den Verkehr mit Malaysia verbietet, den Flug von 90 Minuten auf 12 Stunden verlängert und jedem unschuldigen Flugreisenden zusätzliche 700 DM abpreßt, so brauchten nur die Fluglinien den Verkehr nach Indonesien einstellen und die Nachbarstaaten die Landung und Uber- fliegung durch Flugzeuge nach und von Indonesien verbieten, das gleiche auf die Schiffslinien ausdehnen, und er müßte binnen 24 Stunden nachgeben. Weder Rotchina noch Sowjetrußland könnten ihrem (noch gemeinsamen) Freunde helfen.

Für so einfache und wirksame Mittel fehlt aber sowohl Verständnis wie Mut.

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