Bienen: Irdische Aliens
Bienen sind auch als Individuen hochintelligent. Neue Studien zeigen, dass sie eine Form von Bewusstsein haben. Wie wäre es, in ihre Welt einzutauchen?
Bienen sind auch als Individuen hochintelligent. Neue Studien zeigen, dass sie eine Form von Bewusstsein haben. Wie wäre es, in ihre Welt einzutauchen?
Bienen zählen, erkennen Gesichter und nutzen Werkzeuge. Nicht nur in der fabelhaften Welt der Biene Maja, wo Tiere mit menschlichen Eigenschaften lustige Abenteuer erleben – auch in der Welt der wirklichen Bienen, die jedoch so fremdartig ist, dass diese winzigen Tiere den Forschenden zunehmend als „irdische Aliens“ erscheinen: „Tatsächlich unterscheidet sich ihre Wahrnehmung vollkommen von unserer, wird von völlig anderen Sinnesorganen beherrscht, und ihr Leben steht im Zeichen ganz anderer Prioritäten (…)“, schreibt der Biologe Lars Chittka in seinem grandiosen Wissenschaftsbuch „Im Cockpit der Biene“. Darin präsentiert der deutsche Professor an der Queen Mary Universität in London bahnbrechende Studien, die neue Einblicke in die Lebenswelt dieser Insekten eröffnen.
Stellen Sie sich vor, Sie haben eine Art von Ritterrüstung, ein außenliegendes Skelett. Darunter keine Haut, Ihre Muskeln kleben direkt an der Rüstung. Unter dieser Schalung befindet sich Ihr größter Trumpf: ein Stachel mit chemischer Waffe, mit der Sie andere Kleintiere töten und sogar Menschen oder Bären große Schmerzen zufügen können. Natürlich halten Sie sich beim Einsatz dieser Waffe zurück. Sie wissen, dass das auch für Sie selbst lebensgefährlich werden könnte.
Antennen mit Magnetsinn
Um zu Ihrer Nahrung zu kommen, müssen Sie oft weit zwischen einzelnen Blüten hin- und herfliegen. Noch dazu, wo es unzählige Konkurrenten gibt, die es auf die gleichen Leckerbissen abgesehen haben. Zum Glück haben Sie Antennen auf dem Kopf, multifunktional wie ein Schweizer Messer: Damit können Sie nicht nur hören und schmecken, sondern auch Magnetfelder fühlen. Souverän navigieren Sie im großräumigen Umfeld. Sie lieben diesen Blick von oben. Von bunten, duftenden Punkten in saftigen Wiesen werden Sie magisch angezogen. Sie wissen instinktiv, dass das köstliche Blüten sind. Sex ist für Sie nicht wichtig – Sie sind ja auch unfruchtbar, Fortpflanzung ist Sache der Königin. Umso lustvoller ist für Sie der sinnliche Kontakt mit den Blüten.
Sie tauchen ein in diese „Geschlechtsorgane der Pflanzen“: Ihre Farben, Muster und Düfte sollen Tiere dazu zu bringen, den Pollen von männlichen auf weibliche Blütenteile zu übertragen – auch über große Distanzen. Sie lassen sich gerne verführen, denn im Gegenzug bekommen Sie köstlichen Nektar. Alles in der Natur hat seinen Preis, auch Ihre Arbeit; heute sagt man „ökologische Dienstleistung“ dazu. Aus der üppigen „Werbung“ der Blumen haben Sie schon gelernt, auf die Qualität der angebotenen „Produkte“ rückzuschließen, so wie Kunden im Supermarkt eine Vorliebe für bestimmte Marken entwickeln. Aber passen Sie nur auf, dass sich Ihre Aufmerksamkeit nicht verliert! In der betörenden Vielfalt an biologischen Signalen müssen Sie effizient sein und die Blumenarten mit dem besten Kosten-Nutzen-Verhältnis erkennen. Bei jeder Blume gilt es, eine „Knobelbox“ zu öffnen. Ihre Mechanik ist manchmal so kompliziert wie die eines Schlosses. Ganz schön knifflig!
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