Papst Franziskus: Willkommene Rückkehr des „Patriarch des Abendlandes“
Papst Franziskus hat den historischen Titel „Patriarch des Abendlandes“, den sein Vorgänger Benedikt XVI. 2006 abgelegt hatte, wieder eingeführt. Dies ist eine vertrauensbildende Maßnahme, die aus orthodoxer Sicht nur bejaht werden kann. Ein Gastkommentar.
Papst Franziskus hat den historischen Titel „Patriarch des Abendlandes“, den sein Vorgänger Benedikt XVI. 2006 abgelegt hatte, wieder eingeführt. Dies ist eine vertrauensbildende Maßnahme, die aus orthodoxer Sicht nur bejaht werden kann. Ein Gastkommentar.
Die Ökumene braucht konkrete Schritte und Taten, nicht nur schöne Worte und Absichtserklärungen. Ein solcher konkreter Schritt ist die Wiedereinführung des historischen Titels „Patriarch des Westens“ für den Bischof von Rom durch Papst Franziskus. Damit wurde eine unnötige Änderung durch Papst Benedikt XVI. rückgängig gemacht und die historische und von den gemeinsamen Ökumenischen Konzilien des ersten Jahrtausends synodal beschlossene kirchliche Struktur wiederhergestellt.
Es war überraschend und fragwürdig, wie Papst Benedikt XVI. den Titel „Patriarch“ aus dem ersten Jahrtausend entfernt hat, obwohl er in seinem vielbeachtlichen Vortrag in Graz im Jänner 1976 betont hatte, dass „Rom vom Osten nicht mehr an Primatslehre fordern muss, als auch im ersten Jahrtausend formuliert und gelebt wurde“. Professor Joseph Ratzinger, beziehungsweise Papst Benedikt XVI. wusste dies, hat aber nicht danach gehandelt.
Sein Nachfolger, Papst Franziskus weiß es auch ganz genau und er handelt. Er führt wieder den Titel „Patriarch“ ein. Auch die Bezeichnung „Vorsitzender in der Liebe“ kennt er nicht nur, er hat sie für sich sogar verwendet. Damit stellte er sich in der altkirchlichen Struktur der selbstständigen Patriarchate und noch konkreter ganz bewusst in der Rangordnung des „Vorsitzenden in der Liebe“, was nichts anderes ist als in der Position des primus inter pares in der Pentarchie, in der Ordnung der fünf Patriarchate, wie es beim vierten Ökumenischen Konzil in Chalzedon (451) beschlossen wurde: Rom, Konstantinopel, Alexandrien, Antiochien und Jerusalem.
Dietmar Winkler meinte in der FURCHE dazu: „Mit der Wiederaufnahme des Titels ‚Patriarch des Abendlandes‘ greift Franziskus auf das Konzept eines primus inter pares zurück und steht damit konsequent in Kontinuität mit seinen ersten Papstworten vom ‚Vorsitz in der Liebe‘ und seinem derzeitigen Wirken für eine synodale Kirche.“
Aufgaben für den Bischof von Rom
Dies entspricht der Auffassung nicht nur der Frühkirche, sondern auch der Orthodoxen Kirche bis heute. Diese Auffassung wurde auch in einem Patriarchal- und Synodalschreiben des Ökumenischen Patriarchates formuliert, welches dem Papst Paul VI. im Dezember 1975 überreicht wurde: „Unsere Heilige Kirche Christi in Konstantinopel umarmt den Bischof von Rom und die Heilige Kirche Roms. Sie tut es (im Sinne) der Pentarchie der Einen, Heiligen, Katholischen und Apostolischen Kirche. In dieser wurde der Bischof von Rom bestimmt, in der Liebe und der Ehre den Vorsitz zu führen. Sie (unsere Kirche) umarmt ihn und erweist ihm dadurch alle Ehre, die ihm durch diese Bestimmung gebührt.“
Dem Ersten Patriarchen unter Gleichen, dem Bischof von Rom, kann natürlich nicht nur eine Ehre erwiesen werden. Er könnte, gebunden innerhalb der Synodalität der Gesamtkirche einvernehmlich, auch gesamtkirchliche Dienste, Aufgaben und auch Rechte wahrnehmen.
Diese Auffassung bejahte Kardinal Kurt Koch, der Präsident des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen und er ging noch einen konkreten Schritt weiter mit einem Vorschlag: „Dankbar stelle ich fest, dass auch Professor Larentzakis in diese Richtung denkt, indem er im Bischof von Rom den ‚Ersten der Gesamtkirche‘ wahrnimmt und ihm dabei ‚auch konkrete Pflichten und Aufgaben, ja Rechte im Dienste der Gesamtkirche‘ zuschreibt.“ Bemerkenswert und wichtig ist der Vorschlag von Kardinal Koch: „Worin diese Kompetenzen des Bischofs von Rom in einer künftigen Kircheneinheit genau bestehen werden, dies kann die Gemischte Internationale Kommission nur gemeinsam zu Händen der Kirchenleitungen beraten, denen die abschließende Entscheidung zusteht.“
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