Lass uns streiten - © Foto: Rainer Messerklinger

Nein zur Wohnsitzauflage für Asylberechtigte

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Diese Woche streiten die FURCHE-Redakteurinnen Manuela Tomic und Brigitte Quint über die Frage, wie Asylberechtigte besser verteilt werden können.

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Diese Woche streiten die FURCHE-Redakteurinnen Manuela Tomic und Brigitte Quint über die Frage, wie Asylberechtigte besser verteilt werden können.

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Dass in Österreich Wahlkampf ist, merkt man immer daran, dass das Thema Migration die gesamte mediale Aufmerksamkeit verschlingt. Ob die Definition einer „Leitkultur“ oder die Senkung der Strafmündigkeit zu einer besseren Integration beitragen, sei dahingestellt. Doch es gibt in Sachen Migration tatsächlich drängende Themen, die gelöst werden müssen. Mittlerweile belastet der Familiennachzug von Asylberechtigten das Wiener Bildungssystem. Denn die meisten Asylberechtigten lassen sich in der Hauptstadt nieder. Das hat Gründe: In urbanen Zentren leben meist Verwandte, und man kann sich gegenseitig helfen, weil die Community größer ist als auf dem Land, wo man häufiger auf sich allein gestellt ist. In der Stadt gibt es auch mehr Infrastruktur, was Institutionen und Hilfseinrichtungen angeht, wenn man Formelles erledigen muss. Diese Faktoren wiegen mitunter mehr, als man meinen möchte, auch wenn der vermeintliche Pullfaktor „Sozialhilfe“ ebenfalls gerne zum Thema gemacht wird.

Doch dass man innerhalb Österreichs und innerhalb der EU, zwanzig Jahre nachdem die ersten Geflüchteten auf Lampedusa gelandet sind, immer noch von Pullfaktoren spricht, ist ein Armutszeugnis. Migranten halten in Wahlkämpfen als mediale Sündenbocke her. Dabei können Menschen nicht das Problem sein, sondern die Frage, wie die Politik auf derartige Bewegungen reagiert. Nun hat Wien die Notbremse gezogen und fordert eine sogenannte Wohnsitzauflage für Asylberechtigte. Die Frage, ob das mit dem Gleichbehandlungsgesetz vereinbar ist, beantworten EU-Rechtler mit einem Nein. Denn die Auflage besagt, dass Asylberechtigte in jenem Bundesland bleiben sollen, in dem sie den Erstantrag gestellt haben. Ein Hilferuf der Wiener SPÖ und eine Aufforderung an die Bundesländer, mehr zu unternehmen. Das scheint angesichts der Probleme in der Hauptstadt verständlich. Doch wenn man als Politiker auf Landesebene Asylberechtigte besser integriert, könnte einem dies wichtige Stimmen kosten. Laut Integrationsbarometer 2023 bewerten 65 Prozent der Österreicher das Zusammenleben mit Migranten als schlecht. Probleme lösen kann man wohl erst wieder nach dem Wahlkampf.

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